MAINZ - Je nachdem, wie misstrauisch man ist, muss man der Mainzer Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD) nicht glauben, wenn sie sagt, alle Beteiligten seien mit der Umsetzung der verkürzten Gymnasialzeit in Rheinland-Pfalz zufrieden.
G8 in RLP
09.05.
Von Alexandra Eisen

G8 oder G9 in Rheinland-Pfalz. Das ist hier die Frage. Grafik: VRM
Wenn die versammelten Schulleiter der G8-Gymnasien in Rheinland-Pfalz dies in einem Pressegespräch zu Protokoll geben, bei dem sie unter sich sind, sieht das schon anders aus.
In einem Tagungsraum des Bischöflichen Willigis-Gymnasiums Mainz haben sich die Vertreter der Schulleitungen am Montag über ihre Erfahrungen mit der achtjährigen Gymnasialzeit und dem rheinland-pfälzischen G8-Sonderweg ausgetauscht. Denn Rheinland-Pfalz ist das einzige Bundesland, das G8 nicht flächendeckend umgesetzt hat und nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, unter anderem, wenn ein Ganztagsangebot besteht. Während derzeit in anderen Ländern der Streit um G8 tobt, blickt man neidisch nach Rheinland-Pfalz, wo Ruhe und Zufriedenheit herrschen.
- SO LÄUFT G8 IN RHEINLAND-PFALZ
19 von 149 Gymnasien in Rheinland-Pfalz sind G8-Ganztagsschul-Gymnasien.
Sie befinden sich an Standorten, an denen Schule, Eltern und Schulträger dies gewünscht und gemeinsam beantragt haben. Eine flächendeckende G8-Einführung hat Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD) immer abgelehnt.
G8 ist immer mit einer verpflichtenden Ganztagsschule verbunden, damit Zeit für Mittagessen, Entspannung, Sport und den Unterricht ist.
Die Lehrpläne wurden angepasst. Inhalte wurden gestrichen und gekürzt.
Zweimal im Jahr treffen sich die G8-Schulleiter, weil sie voneinander lernen wollen und sich bei der Umsetzung von G8 als „Team“ verstehen, wie es Helga Lerch, Leiterin des G8-Gymnasiums Nackenheim, formuliert.
Zehntklässler wechseln gerne zu G8
Die Akzeptanz von G8 ist auch an Zahlen abzulesen. So lässt sich nach einer Erhebung des Bildungsministeriums weder aus den Anmeldezahlen für die 5. Klasse noch aus den Übergangsquoten von der Orientierungsstufe (Klasse 5 und 6) in die 7. Klasse ablesen, dass die klassische Gymnasialzeit in neun Jahren bevorzugt würde.
Eine überraschende Entwicklung gibt es bei der Quote der Schüler, die nach der zehnten Klasse von einem anderen Gymnasium oder einer Realschule plus wechseln. Von ihnen entschieden sich zuletzt mehr Jugendliche für den Wechsel in ein G8- als in ein G9-Gymnasium.
Barbara Mathea, als Abteilungsleiterin im Bildungsministerium unter anderem für die Gymnasien zuständig, erklärt, warum: „Im G8-Zug beginnt die gymnasiale Oberstufe mit der 10. Klasse, in der auch noch Unterrichtsstoff aus der Mittelstufe vermittelt wird. Die Schüler nehmen diese Möglichkeit gerne wahr.“
Problem ÖPNV-Angebot
Im Gespräch mit dieser Zeitung stellen die rheinland-pfälzischen G8-Schulleiter dem Bildungsministerium für die Umsetzung der verkürzten Gymnasialzeit ein gutes Zeugnis aus. „Wir werden sehr intensiv vom Ministerium beraten“, sagt ein Schulleiter aus dem Westerwald – spontaner Applaus dafür von den anwesenden Kollegen.
Deutlich wird im Gespräch, dass es Unterschiede zwischen Stadt und ländlichen Regionen gibt. Ein Schulleiter aus der Moselstadt Traben-Trabach berichtet von Eltern, die G8 nicht akzeptieren, weil sie das Ganztagskonzept ablehnen oder weil die Kinder aufgrund schlechter ÖPNV-Angebote nach dem Ganztagsunterricht noch zu lange unterwegs seien.
„Wir Lehrer müssen mehr Erziehungsarbeit leisten"
Zumindest beim Thema Schülertransport sehen die Schulleiter die Schulträger in der Pflicht. So berichtet ein Schulleiter aus dem Westerwald von einer hohen G8-Akzeptanz trotz langer Anfahrtswege: „Weil der Schulträger dafür sorgt, dass der Transport zeitnah erfolgt.“
Kritik gibt es aus manchen Regionen an den Grundschulen. So berichten Schulleiter aus dem Westerwald und aus der Pfalz von Grundschulen, die Vorbehalte gegen G8 hätten. Eine Schulleiterin aus Maxdorf ärgert sich: „Eine Grundschule bezeichnet uns als ,Elite-Gymnasium‘. Aber diese Bezeichnung ist genau so dämlich wie der Begriff ,Turbo-Abitur‘. Wir sind ein ganz normales Gymnasium!“
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