Unsere Partnerschaft mit dem Lycée de Rusatira

Der Besuch im Herbst 2019

Zum bereits dritten Mal fuhr vom 10.-19.10.2019 eine Gruppe des FLG zu unserer Partnerschule Lycée de Rusatira im Süden Ruandas.

Die Partnerschaft besteht seit knapp sieben Jahren. Die erste Kontaktaufnahme in einem freiwilligen Wahlangebot in der Mittelstufe wirkt wie aus einer anderen Zeit: Schülerinnen und Schüler beider Schulen schrieben Steckbriefe, die jeweils per Post zu den jeweiligen Partnern kamen. Die Spannung und Freude waren groß, zumal ein Brief etwa vier bis sechs Wochen unterwegs war. Die ersten Fotos vom ruandischen Schulhof wirkten im wahrsten Sinne sehr weit weg. Ob unsere Bildergeschichten, mit denen wir den ruandischen Partnern Mainz vorstellen wollten, überhaupt von ruandischen Schülern gesehen wurden, war uns nicht klar.

Heute sieht der Austausch ganz anders aus: Die digitale Kommunikation hat unsere Partnerschaft radikal verändert. Ausgehend von einem Mailkontakt zwischen dem Direktor, Jean Damascéne Ndagijimana, und uns gelang es, Bilder und Absprachen viel schneller zu treffen, mittlerweile läuft der Austausch über Chatprogramme der sozialen Medien. Dies erleichterte dann auch, den Kontakt so zu vertiefen, dass es seit fünf Jahren zu jährlich wechselnden Besuchen kommt. Diese direkten Begegnungen haben sich als der prägendste Teil der Partnerschaft herausgestellt, da so unmittelbare Einblicke in die jeweils anderen Lebensweisen und -bedingungen gewonnen und persönliche Kontakte hergestellt werden können.

In diesem Jahr bestand die fünfzehnköpfige Schülergruppe aus Schülerinnen und Schülern der Jahrgänge 11 und 12, die sich begleitet von Herrn Michel, Frau Huff und Herrn Frigger auf nach Ruanda machten. Die Fahrt besteht grob aus drei Teilen: Einem Besuch der Partnerschule mit gemeinsamen Aktionen vor Ort, Einblicken in Projekte und Unternehmungen, die die aktuelle Wirtschaft und Gesellschaft Ruandas prägen und zwei touristischen Tagen im Nationalpark, wobei Ruanda dort neben dem Akagera-Park mit der Möglichkeit zur Safari den wunderschönen Nebelwald im Nyungwe-Nationalpark zu bieten hat.

An den Tagen am Lycée de Rusatira gab es neben dem Besuch des Unterrichts, Sportwettstreiten und einem gemeinsamen Workshop-Tag zum Thema Zukunft der Bildung einen gemeinsamen Aktionstag. Da unsere Partnerschule eine Internatsschule ist, verbringen die Schüler auch ihre Wochenenden dort, fern von zu Hause. Die Zeit wird außer Lernen und z.B. musikalischen oder sportlichen Freizeitaktivitäten mit sozialem Engagement verbracht. So nahmen wir alle an einer Aktion des Never-again-Clubs (einer Art AG Soziales Engagement) teil, bei der einer bedürftigen Frau aus der Umgebung ein Haus gebaut wurde. Die Baumethode ermöglicht es, mit Wasser und Erde der Umgebung das Gebäude quasi ohne Geldmittel zu errichten.

Auf der Fahrt durch das Land gab es in den folgenden Tagen weitere Einblicke in verschiedene Bereiche, die für Ruanda im Moment prägend sind:

  • In Kigeme besuchten wir eine von der UN unterstützte Schule, die an ein Lager mit kongolesischen Flüchtlingen angrenzt. Damit die etwa 70 Lehrerinnen und Lehrer die circa 7000 Schülerinnen und Schüler unterrichten können, gibt es eine Art Schichtsystem in großen Klassen. Den französischsprachigen Kongolosen wird Englisch- und Kinyarwanda-Unterricht erteilt, damit sie den ruandischen Schulabschluss erlangen können. Der kongolesisch stämmige Student Javan Mugenzi erklärte uns ein Zeitungsprojekt, mit dem sie die Bevölkerung über die Situation der Flüchtlinge informieren und dadurch zu gegenseitiger Verständigung beitragen möchten. (Beispiele des Nyiramubande-Magazine sind online verfügbar)
  • Mit Start-Ups von jungen Unternehmerinnen und Unternehmern versucht Ruanda das Problem der Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Wir besuchten Uzuri k&y, eine von zwei jungen Frauen aufgebaute Firma, die mit lokalen Arbeiterinnen und Arbeitern Schuhe aus z.T. recycelten Materialien herstellt und diese dann in Ruanda, aber auch weltweit vertreibt. Bestellungen sind möglich unter: https://shop.uzuriky.com/
  • Obwohl Ruanda seit Jahren ein rigoroses Plastiktütenverbot hat und damit weltweit Vorreiter war, fallen durch Verpackungsmüll von Importwaren große Mengen an Plastikmüll an. Die Plastik-Recyclingfirma agroplast, durch die wir eine spontane Führung bekamen, verarbeitet diesen zu Abdeckplanen für die Teeplantagen Ruandas.
  • Ein Highlight war sicherlich, dass wir eine Mine, in der mit Coltan ein Mineral abgebaut und gewonnen wird, das über den globalen Handel bei fast allen von uns in elektronischen Geräten landet, besuchen konnten. Dazu mussten wir, begleitet von einem Vertreter des ruandischen Bergbauministeriums weit aufs Land fahren, wo unsere Anwesenheit noch größere Aufmerksamkeit erregte als eh schon. In der relativ kleinen Mine in Besitz des ruandischen Unternehmens Speck Minerals wird das Coltan in einem mühsamen Prozess gewonnen, der kongolesische Bergbauingenieur begleitete uns bis zu 30 Meter unter die Erde, wo gerade die Arbeiter in extra für uns beleuchteten Stollen mit Presslufthämmern am Werk waren. Von der Mine werden die relativ kleinen, aber wertvollen Mengen nach Kigali gebracht, um nach einer Zertifizierung auf dem Weltmarkt über einen tansanischen Hafen verkauft zu werden.
  • Weiterhin konnten wir ein Projekt besuchen, das über die Herstellung und den Vertrieb von speziellen Öfen, den Holzverbrauch massiv senkt und somit zur CO2-Reduktion beiträgt

Die riesigen Unterschiede zwischen der sich rasant entwickelnden Hauptstadt Kigali und dem weiterhin sehr landwirtschaftlich geprägten Rest des Landes werden uns sicher genauso in Erinnerung bleiben wie das Gefühl, als Weiße ununterbrochen als besondere Erscheinung wahrgenommen und dabei überwiegend herzlich begrüßt und aufgenommen zu werden.

Diese Aufnahme war für uns vor allem an einem Abend spürbar, als die Familie von Goodluck Uwayezu, unserer neuen FSJlerin, uns als ganze Gruppe zur Geburtstagsfeier ihrer jüngeren Schwester einlud, um diesen gemeinsam zu begehen. Ein krönender Abschluss einer Tour, die wieder mal Spuren in vielfacher Hinsicht hinterlassen hat.

Die Ruanda-Partnerschaft 2020: Wie geht’s weiter?

Anfang April 2020 werden uns zum dritten Mal sechs Schülerinnen und Schüler und zwei Lehrer aus Rusatira besuchen. Da üblicherweise Ruander nicht ins Ausland reisen, besitzen sie keinen Reisepass, dessen Anschaffung relativ teuer ist, selbst für die Lehrer. Üblicherweise wenden ruandische Eltern einen großen Teil ihres Lohns dafür auf, dass ihre Kinder eine gute Schule besuchen können. Daher unterstützt der Förderverein dankenswerterweise die Partnerschaft bei der Anschaffung von Pässen und Visa.  

Neben dem kulturellen-schulischen Austausch und den inhaltlichen Ansätzen der Nachhaltigkeitsbildung ist es auch ein Teil unserer Partnerschaft, dass wir versuchen, Verbesserungen des Schulalltages in Rusatira mitzufinanzieren. In den letzten Jahren ist es so gelungen, die Schule ans Internet anzuschließen und ein neues Schulgebäude mit zwei größeren Klassenräumen zu errichten.

Die Schüler und Lehrer aus Rusatira haben bei unseren letzten beiden Treffen vor allem die zu niedrigen Dächer der alten Schulräume angesprochen, die zu großer Hitze und großer Lautstärke bei Regen führen. Außerdem bedarf die Schulküche einer dringenden Grundrenovierung, was gerade in einer Internatsschule natürlich zentral ist. Für diese beiden konkreten Projekte werden die Hälfte der Einnahmen des Aktionstags Afrika verwendet, der in diesem Jahr am 24. Juni stattfindet. Wir hoffen wieder, dass möglichst viele Schüler und Klassen mit großem Engagement dabei sein werden!

Schülerinnen und Schüler der Mittelstufe (8/9) können sich im Wahlangebot Ruanda in die Partnerschaft einbringen. Die nächste Fahrt nach Rusatira wird dann im Herbst 2021 mit Schülerinnen und Schülern aus den jetzigen Jahrgängen 9 und 10 stattfinden. Die Gruppe wird sich im Herbst 2020 finden. Dazu werden die beiden Jahrgänge dann angeschrieben werden.

 

 

Hier geht's zum Reiseblog unserer Fahrt von 2017: http://flggoesruanda.blogspot.de/